Teil 1 – Wieder mal nicht nachgedacht …
Ich befand mich mit meinen Hunden Anfang September auf dem Hundefreilaufgelände
zwischen Mönkloh und Bokel. Dieses Gelände ist umzäunt und ausdrücklich als
Hundefreilauf gekennzeichnet. Mit mir befand sich eine mir bis dato unbekannte
Frau mit zwei Hunden und Kindern auf dem Gelände.
Wie das so ist werden die „Neuen“ natürlich unter die Lupe
genommen, sprich nach Hundemanier ausführlich beschnüffelt. Plötzlich geschieht etwas völlig
unerwartetes, der viel kleinere Hund duckt unter meiner Hündin ab, dreht sich und
schnappt nach ihrer Nase – ein dumpfes Grummeln, ein Schnautzgriff der Hündin
sollte das Aufbegehren schnell beenden,
Hundekomunikation halt.
Nicht hier – der Kleinere windet sich und
versucht gegenzuhalten. Hier greife ich ein, mein Auslassbefehl wird sofort
befolgt, die Hündin lässt ab.
Zeitgleich mit meinem Befehl stürmt die
hysterisch kreischende Frau zu dem Knäuel und versucht ihren Hund aufzunehmen,
was dieser mit einem Schnappen quittiert. Jetzt bemerkt die Hundebesitzerin
eine Wunde am Kopf ihres Hundes, neues, noch größeres Geschrei, ein riesen
Theater: „Das kann doch nicht sein, der Hund ist doch erst seit drei Tagen bei
uns, der ist doch erst 14 Wochen alt , mein Welpe ist doch noch soo klein …“ –
während diese Worte der Frau fallen bin ich bei ihr um zu helfen.
Der am Kopf
blutende Hund schnappt nach Frauchen und mir, ich ziehe meinen Mantel aus und
werfe ihn über den tobenden Hund, zwei weitere Handgriffe und ich habe ihn
sicher und ruhig auf dem Arm. Auf dem Weg zu ihrem Auto versuche ich die Hundebesitzerin
zu beruhigen .
Ich habe schon so manche Wunde an Hunden gesehen, als aktiver
Jagdhundeführer ist so etwas nicht ungewöhnlich, dieser kleine Riss wird
schnell verheilen, wenn der Tierarzt ihn klammert, soviel ist sicher.
„Ihr Hund
ist tief verunsichert, er wird wieder schnappen, wenn sie beim Tierarzt sind
dunkeln sie das Tier ab, wie sie es bei mir gesehen haben, das ist sicherer,
oder lassen sie es die Arzthelferinnen machen.“ , rate ich ihr, während ich
ihren Hund im Kofferraum des Kombis anleine,, „ Sie können doch mit einem
Junghund nicht in einen Hundefreilauf gehen, das Tier ist erst zwei , drei Tage
bei ihnen, es ist orientierungslos und verunsichert, hat noch keinen Bezug und
kann nicht mit anderen Hunden kommunizieren. Gehen sie immer erst in einen
Welpenkurs, dort lernt ihr Hund.“, gebe ich der Frau mit auf den Weg , ob sie
den Rat gehört hat weiß ich nicht. Sie bekommt meine Kontaktdaten und fährt
davon.
Was ist passiert, eine Analyse:
Bei dem Hund. handelt es sich um einen Junghund, von Welpen
spricht man aus fachlicher Sicht nur, wenn sie noch gesäugt werden. Junghunde
die frisch in den Familienverbund des neuen Besitzers aufgenommen werden sind
anfangs üblicherweise verunsichert, weil sie aus ihrem angestammten Rudel
(Mutter, Geschwister etc) entnommen wurden. Jeder informierte Neuhundbesitzer
wird dann die Anfangsphase, hierbei handelt es sich um bis zu zwei Wochen,
nutzen mit dem Tier ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Das geschieht
üblicherweise in kleinen Schritten und ohne unkontrollierte Störung von außen.
Ein Hund von ca 12 bis 14 Wochen befindet sich in der absolut wichtigsten
Lernphase seines Lebens, man spricht hier von der „Sozialisierungsphase“ die für
das weitere Leben im Verbund prägend ist. Im Weiteren lernt der
verantwortungsvolle Hundebesitzer den Umgang mit seinem Hund und das Verhalten
mit anderen Hunden in einer geeigneten Welpengruppe in guten Hundeschulen.
Hier hat eine Hundebesitzerin alles falsch gemacht was man
falsch machen kann, soviel ist klar, sie ist mit
ihrem völlig verunsicherten Hund, der zudem noch gar keine Bezugsperson haben
konnte in ein Hundefreilaufgelände gegangen, auf dem jeder Hund, gleich welcher
Rasse und welchen Alters herumtollen darf.
Das es hier zu Begegnungen der dritten
Art kommen kann, ist jedem erfahrenen Hundebesitzer von vorneherein klar, denn eines sollte sich
unterdessen herumgesprochen haben: Die Kommunikation unter Hunden ist nicht
immer geräusch- und schon gar nicht aggressionslos.
Dieser arme Junghund allerdings konnte nie das Verhalten mit
fremden Hunden üben, da er nie die Gelegenheit dazu hatte. Das er aus Angst um
sich biss ist hinsichtlich oben genannter Tatsachen völlig natürlich, ebenso
natürlich wie die Unterwerfungsreaktion meiner Hündin – dass es dabei zu einer
Verletzung kam ist schlicht ein bedauernswerter Unfall. Nun, das wird viel Arbeit bedeuten für Hund und
Frauchen, eine schmerzhafte Art zu
lernen denke ich noch. Hätte sich dieses Frauchen auch nur ein wenig
informiert, wäre das nie passiert.
Teil 2 Das toppen wir doch oder: Kompetent inkompetent !
Das diese bedauerliche Geschichte eine Fortsetzung bekommen
sollte hatte ich mir nicht träumen lassen.
Ich hatte eigentlich auf die Rechnung des Tierarztes
gewartet um sie an meine Versicherung weiterzuleiten, als eine Woche nach dem
Vorfall ein amtliches Schreiben in meinem Briefkasten landet:
Feststellung der Gefährlichkeit ihres Hundes, Rasse
Jagdhündin, Anhörung – so die Überschrift.
Wie ich dem Schreiben entnehmen
sollte hat meine Hündin sich ohne Vorwarnung auf den Welpen der Frau X. aus Y.
gestürzt und dem Tierchen Zitat: „mehrfach in den Kopf gebissen“, laut
Polizeibericht sollen sich am Kopf des Hündchens Zitat: „Massive Verletzungen“
befunden haben.
Das hier jemand aus seinen Fehlern nicht lernen will ist mir
sofort klar. Wieder hat Frau X. (ihren Namen hatte ich jetzt aus der Anzeige,
eine Adresse leider nicht) sich nicht informiert, das sollte mir nicht
passieren.
Eine Internetsuchmaschine sollte mich bass erstaunen lassen: Frau X.
aus Y. betreibt – und jetzt lieber Leser setzen sie sich- betreibt ein Geschäft, in dem explizid Hundebesitzer angesprochen werden.
Auf der Internetseite wird mit Kompetenz
in Sachen Hund geworben. Richtig gelesen, die ahnungslose Hundebesitzerin aus
dem ersten Kapitel wirbt öffentlich mit Hundekompetenz.
Eben diese Dame hat mich also angezeigt.
Hochkompetent!
Sie hat meinen Namen, die vollständige Adresse – ein Blick ins
Internet hätte ihr das Leben leichter machen können, aber nein, Frau X.aus Y. hat nichts besseres zu tun als ihren
ausgemachten Sachverstand in Sachen Hund weiter im Dunkeln tapern zu lassen.
Nun ja, in meinem Anhörungsschreiben an das Amt schildere ich
den Vorfall aus meiner Sicht und harre der Dinge.
In der Zwischenzeit hat die Geschichte natürlich ihre Runde gemacht,
aus berufenem Munde erfahre ich das Frau X. aus Y. sich mit ihrem Hund zur
Welpengruppe angemeldet hat, sehr vernünftig, dort wird sie sicher viel lernen.
Gut drei Wochen nach dem Vorfall bekomme ich von Frau X. aus Y. die Tierarztrechnung für meine Versicherung, zeitnah ist zwar etwas anderes,
aber gut.
Jetzt folgt ein weiteres Aha-Erlebnis: Der bemühte Arzt hat die
überaus „massiven“ Verletzungen, die durch „mehrere Bisse“ entstanden sind, wie
folgt diagnostiziert: Zusammenhangstrennung Kopf, 2cm*2cm ….
Der geneigte Leser nimmt sich jetzt sein
Schreibtischlineal und stellt fest, dass die „massiven“ Verletzungen nicht
größer sind als der Daumennagel eines Erwachsenen. Haben Sie, lieber Leser,
sich in der Vergangenheit mal heftig an einer Regalecke gestoßen und eine
Platzwunde gehabt? Ja? Nun, sie werden wissen das eine solche Wunde stark
blutet aber schnell und einfach mit wenigen Stichen geschlossen ist und sie aus
der Unfallstation ebenso schnell wieder nach Hause gehen können, eine oder zwei
Tablettchen gegen das Kopfdröhnen in der Hand inklusive. Richtig?
Dieser Tierarzt meint es besonders gut: Vollnarkose,
stationäre Aufnahme, Infusion, Katheter und, und, und …. Am nächsten Tag
bekommt Frau X. aus Y. ihren Hund, eine Halskrause, ein Antibiotikum für eine
20 tägige Behandlungsdauer – richtig, 20 Tage- und die Rechnung über 321,88
Euronen.
Was lernt Mensch daraus?
Wenn
sie sich das nächste Mal auf den Daumen hämmern, rechnen sie bitte mit Intensivstation.
Man verzeihe mir meinen Sarkasmus, mit einer solchen Wunde geht mein Terrier
zehn Minuten nach dem Tackern wieder auf Sauenjagd.
Weiter in unserer Geschichte.
Am Ende des Monates stelle ich
telefonisch Anfrage bei der amtlichen Sachbearbeiterin: Diese hatte sich über
das Internet schlau gemacht und diesen Blog gegoogelt und sich auch anderweitig über Hundekomunikation informiert (DAS ist kompetent!), weiter
teilte sie mit Frau X. aus Y. hätte sich nicht gemeldet, diese hätte aber noch
etwas Zeit, ich möge also weiter warten. Tat ich dann auch.
Eine weitere Woche
später kam dann der amtliche “Freispruch“ für meinen Hund.
Die ganze Geschichte ist so nur passiert, weil eine
Hundebesitzerin sich als absolut beratungsresistent zeigte.
Gedanke hierzu macht sich derzeit meine Versicherung und
natürlich sie, der geneigte Leser selber.
Hell hallt das Hifthorn – Hallali – Euch treu Geselln
vergess ich nie ( R. Fries)
Auf unsere Hunde!
Stefan
Nachtrag für Interessierte: Ich empfehle hierzu die Lektüre des Buches "Hunde und Menschen - immer gern gesehen?" aus dem Kynos Verlag.